[ home ] [ impressum ] [ rus ] [ eng ] [ ned ]
 News  | Konzept | Situation | Ausstellung | Organisation | Partner | Kontakt 

Rubzovsker Fall


 27. November 2008 - Wie es war.

Wie bekannt, hat sich unser Partner DHL in Kirgistan bereit erklärt, die Ausstellung von Bishkek nach Berlin zu transportieren. Allerdings sollte das Gesamtgewicht der Sendung 200 Kg nicht überschreiten. Nachdem die Ausstellung abgebaut wurde, haben wir die Verpackungsaktion gestartet, wobei ich versuchte nicht über die magischen 200 kilo zu kommen. Zuerst galt es eine Waage aufzutreiben, die Waagen im Kaufhaus wurden mit deutscher Qualität beworben und waren demendsprechend unverhältnismässig teuer. Nach langer Suche konnten wir eine Personenwaage leihen.

Päckchen für KirgistanPäckchen für Kirgistan

Erstellung der Künstlerliste

und Verpackung

Das Verpacken dauerte ein en Monat und ergab 236 kg. Das Übergewicht sollte entweder bezahlt, etwa 700 Dollar, oder von der Sendung getrennt werden. Da unser Budget zur Zeit nur etwa 700 Dollar betrug, was unsere Rückfahrt knapp deckte, haben wir uns für die zweite, wenn auch abenteuerliche Variante entschieden. Die 36 kg nahmen wir deshalb als Gepäck mit. Abgesehen von dem Streit mit der Zugbegleiterin in Bishkek wegen der Grösse des Päckchens und dem Verdacht des kasachischen Zollpolizisten, der vermutete Lätitias Schwangerenbauch sei ein Depot für Schmuggelware, verlief die Reise ohne besondere Vorkommnisse. Keiner interessierte sich für die Dokunente des kirgisischen Kulturministeriums.

Die Probleme kamen beim Verlassen des gast- und kinderfreundlichen Asiens. Nach Aussagen der russischen Zollbeamter an der kasachisch-russischen Grenze bedarf es eines weiteren Dokumentes, die Erlaubnis des russischen Kulturministeriums für Transit der »kulturellen Schätze« durch Russland.

Päckchen für KirgistanPäckchen für Kirgistan

Päckchen

Schöne Kunst

Nun sollte ich aus dem Zug aussteigen und mit den Zollbeamten nach Rubzovsk fahren, um die Sitation zu klären. Nach meiner Erfahrung meinen kunstferne Menschen, wie Polizisten und Beamte, die zeitgenössische Kunst sei Zeitverschwendung und ohne jeglichen Wert. Also versuchte ich als Päckchenrettungsmassnahme die Beamten davon zu überzeugen, dass in der Kiste nur Kram ist und es sich gar nicht lohne deswegen das Kulturministerium anzusprechen. Die Polizisten wollten natürlich die Bestätigung und somit wurde die Kiste aufgemacht. Es kamen tatsächlich zweifelhafte Sachen hervor, die den Kunstvorstellungen eines durchschnittlichen Beamten überhaupt nicht entsprachen.

Päckchen für Kirgistan

Zollbeamte bewundern zeitgenössische Kunst aus Europa

Und als ich schon dachte, die Gefahr sei vorbei, haben sie die einzige Malerei in dem Packet entdeckt. Dies hat alles entschieden, die Kiste wurde konfisziert und ich sollte nachts mit 50 Dollar den Zug nachholen, der längst Richtung Novosibirsk weiter gefahren ist. Vor dem Bahnhof langweilten sich ein paar Taxifahrer, die bestimmt auf die Opfer des Zolls lauerten. Einer hat mich sofort gefragt, wohin er mich bringen soll. Novosibrisk, meinte ich, das aber für 50 Dollar. Nach kurzen Verhandlung haben wir beschlossen, den Zug einzuholen und den Rest seines Lohnes aus dem Koffer rauszuholen. Dadurch motiviert jagte er das Auto so schnell, dass etwa in zwei Stunden der Zug hinter uns blieb.

Päckchen für KirgistanPäckchen für Kirgistan

Aus dem Zugfenster

Zugfahrt vier Tage lang

Nachdem wir in Novosibirsk angekommen sind, haben wir das Kulturministerium gefunden und versucht, die notwendigen Unterlagen für die Rettung unseres Päckchens zu besorgen. Es wurde uns aber gesagt, dass wir dafür eine Liste von Kunstwerken mit Fotos in dreifacher Ausführung zusammen stellen sollen. Nachdem die DHL-Mitarbeiter in Bishkek alles in grössere Kisten gepackt hatten, wussten wir nicht, was sich in dieser Kiste befand. Ich sollte nach Rubzovsk mit dem Bus fahren (etwa 500 km), den Inhalt unserer Kiste klären und alles abfotografieren. Danach solte ich zurück nach Novosibirsk zum Kulturministerium, wo ich eine Erlaubnis beantragen müsse für den Transit. Mit der Erlaubnis ginge es dann wieder zurück nach Rubzovsk, wo ich die Kiste abholen könnte.

Allein zeitlich hätten wir es nicht geschafft und ich wollte Lätitia nicht alleine mit dem Zug weiter fahren lassen. Wie es sich herausgestellt hat, war dies auch richtig so, denn ich muste Lätitia noch an der weissrussisch-polnischen Grenze retten. Mittlerweile waren wir aber auch erneut mit dem Visum von Lätitia beschäftigt, das einige Stunden vor dem Verlassen Russlands ablaufen sollte und wieder mehrere Behördengänge erforderte. Absurd war auch dass sich bei einer erneuten Nachfrage dass Kulturministerium für nicht mehr zuständig ausgab, da es sich nur um einen Transit handele und nicht um eine Ein- oder Ausfuhr. Demnach hätte man aber auch nicht die Kiste einbehalten dürfen.

Päckchen für Kirgistan

Ausreise

Da wir die Situation nicht vor Ort klären konnten, habe ich meine Freunde in Novosibirsk gebeten, uns zu helfen. Nach der neusten Information sollte es extra zu unserem Fall eine Gerichtsverhandlung geben (aber ohne uns). Das Gericht tagte am 19. September, die Entscheidung lag stellvertretent meinen Eltern in Novosibirsk erst Ende Oktober vor. Laut dieser Entscheidung müssen wir Strafe und Lagerkosten zahlen (insgesamt etwa 60 Euro). Nachdem wir »diverse Formalitäten« erledigen, dürfen wir das Paket abholen. Jetzt schreibe ich die Vollmacht für meine Freunde in Novosibirsk, die dann die Geschichte hoffentlich zu Ende bringen. Die Dauer des Rücktransportes lässt sich bis jetzt leider nicht einschätzen.

In der Rubzovsker Kiste befinden sich nach unserer Einschätzung 27 Arbeiten, was etwa 10% der ganzen Ausstellung beträgt. Die übrigen 90% haben Berlin erfolgreich erreicht und werden in Kürze an die Künstler zurück verschickt.
© Design by [ Maxim Neroda ]